Fliehkräfte

„Ich sag es mal so, Frau Geldmacher: Was interessiert es mich, ob Ignatius von Loyola den Jesuitenorden gegründet hat oder nicht?“
Der, der mich das fragt, ist Schaustellersohn, er pendelt zwischen dem Elsass und Speyer, und er baut Jahrmarktsbuden auf. Insbesondere die seines Vaters, die allerdings weniger eine Bude als vielmehr eine Raupenbahn ist, die sich innerhalb von 24 Drehungen in sich 72 Mal dreht und somit auch keine Raupenbahn ist, sondern irgendetwas anderes Furchtbares.
Meine Freundin und ich haben sie ausprobiert, weil das früher eigentlich ganz lustig war, auf dem Jahrmarkt, als wir das alle noch machten, und als wir auch noch Autoscooter fuhren und es ein solcher Spaß war, den Jungs rechts und links eine reinzuknallen.
Aber was soll ich sagen, diese Fliehkräfte waren ungeheuerlich und so lagen wir beide schon nach einer Runde in einer Ecke aufeinander – wir gaben sofort auf, uns dagegen zu stemmen, es hatte keinen Sinn. Das war von Grund auf viel zu viel für uns – und es war überhaupt nicht lustig, es war entsetzlich, wir wollten nur, dass es aufhört und ich zumindest sollte mich noch bis zum folgenden Tag wirklich schlecht deswegen fühlen.
Endlich konnten wir wieder aussteigen und wir taten noch eine Weile voreinander, als sei das eben gut gewesen und so wie früher. Aber dann tranken wir tranken noch den obligatorischen Neuen Wein (aus Bechern, die wir geschenkt bekamen, hässlich wie die Nacht) und das löste uns die Zunge und dann sahen wir zu, dass wir von dort abhauten. Nie wieder Jahrmarkt.

This entry was posted in Tagebuch. Bookmark the permalink.

Comments are closed.