Dunk Island

Für Dunk Island – off Mission Beach – habe ich zu wenig Zeit. Ich stürze an Edmund Banfields Grab vorbei, einem Journalisten aus Townsville, der 1898 auf die Insel watete und dort mit seiner Frau glückliche 25 Jahre verlebte, anstatt wie von seinen Ärzten prognostiziert, an einer lebensgefährlichen Krankheit zu sterben, den Weg hoch zu Mount Cataloo, muss aber auf der Hälfte der Strecke umkehren. Schließlich finde ich mich eine Stunde zu früh auf Brammo Bay wieder, suche mir einen Liegestuhl und blättere durch ein Outdoor-Magazin, das jemand hat liegenlassen. Ein mageres Kerlchen, Mitte Fünfzig, vor Langeweile schier krepierend, nervt mich mit seinen Blicken. Ich versuche, ihnen auszuweichen, kann mich aber so natürlich nicht mehr auf das Magazin konzentrieren. Der Mann liegt auf dem Liegestuhl, sieht auf die See, dann auf mich, hört Musik auf seinem iPod, zündet sich eine Zigarette an und blickt dann wieder auf die See. Das ist seine fünfminütige Routine.

„Würden Sie wohl ein Foto von mir machen?“, kommt er herüber.

„Wo denn?“, antworte ich sperrig.

„Hier vor dem Stuhl.“

Der Anblick, der sich mir durch das Objektiv bietet, ist schauderhaft; der Mann stemmt die Arme wie ein Explorer in die Hüften und sieht auf die Weite des Ozeans, der sich außerhalb des Bildausschnitts befindet. Eine Schachtel Zigaretten schaut unter seiner Badehose hervor und die Schnur seines iPods hat sich um eins seiner Fußgelenke gewickelt.

„Nicht viel Hintergrund“, sage ich schwach.

Er zieht hastig den Liegestuhl in eine andere Position und stürzt fast über die Schnur. Das Missgeschick übergehend, rappelt er sich wieder auf und stellt sich wieder in Positur. Inspektor Clouseau. John Cleese. Mr. Bean.

Ich knipse das Bild.

„Nicht viel los hier“, sagt der Mann, als ich ihm die Kamera zurückgebe.

„Och“, sage ich vage. „Wenn man …“

„Lieg jetzt hier sei drei Tagen und mir gehen langsam die Ideen aus, was man hier machen könnte.“

„Man könnte …“

„Den ganzen Tag aufs Meer zu schauen, bringt auch nichts. Na ja, mittags, habe ich mein Lunch.“

Voller Mitgefühl sehe ich ihn an.

„Hab Musik dabei. Wollen Sie mal hören?“

Schön stülpt er mir seine Ohrhörer über. Country-Music.

„Schön! Ehrlich!“

„Was hören Sie denn so?“

„Zur Zeit Oasis. Dieses Jahr wars Oasis.“

Hat er noch nie gehört. Die Australier haben es nicht so mit Britpop.

„Wie wärs denn mit heute Abend?“, fragt er. „Ich hab nichts weiter vor.“

Ich habe die Entschuldigung, zurück von meinem Tagestrip aufs Festland zu müssen. Barney hat noch eine vier Tage im Resort vor sich. Es ist mir ein Rätsel, wie man mitten im Paradies liegen und sich so dermaßen langweilen kann.

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