Wie brächte man das zustande?

Was wäre aus Franz Kafka geworden, wenn er ein freier Schriftsteller gewesen wäre? Was hätte er alles schreiben können? Er war von einem freien Schriftstellerleben so weit entfernt wie kein anderer: Beamter in einer Arbeiterunfallversicherung, er lebte bei seinen Eltern, hatte keine eigene Familie. Er war sehr lieb, sehr humorvoll und sehr klug. Sehr verrückt auch. Er schrieb die verrücktesten Geschichten. Seltsame Parabeln und undurchsichtige, ausufernde, mäandernde Romane, die er alle aufgab. Türsteher, Zirkusreiter und eine Mäusesängerin kommen in seinen Geschichten vor.

Eine Geschichte handelt von einem Junggesellen namens Blumfeld, der nach der Arbeit nach Hause kommt und in seinem Wohnzimmer springen zwei Tischtennisbälle auf und ab. Das empfindet er als sehr störend. „Schade, dass Blumfeld nicht ein kleines Kind ist“, schreibt Kafka, „zwei solche Bälle wären für ihn eine freudige Überraschung gewesen, während jetzt das ganze einen eher unangenehmen Eindruck auf ihn macht.“

Erst zu Ende seines Lebens gelingt es Kafka, den Absprung von zu Hause und von Prag weg zu schaffen. Er zieht mit seiner Freundin – na endlich! – nach Berlin, hat aber kein Geld. Das Paar kann sich nichts leisten, noch nicht mal die Straßenbahn, noch nicht mal die Kohle für den Ofen. Aus Prag treffen Fresspakete ein; die einzigen Geschenke, die Kafka akzeptiert.

An seine Schwester Valli schreibt er nach Hause: „Meine Petroleumlampe brennt wunderbar: ein Meisterwerk sowohl der Lampenmacherei als auch des Einkaufs. Sie ist aus einzelnen Stücken zusammengeborgt und zusammengekauft – freilich nicht von mir, wie brächte ich das zustande! Eine Lampe mit einem Brenner, groß wie eine Teetasse, und einer Konstruktion, die es ermöglicht, sie anzuzünden, ohne Zylinder und Glocke abzunehmen. Eigentlich hat sie nur den Fehler, dass sie ohne Petroleum nicht brennt. Aber das tun wir anderen ja auch nicht.“

Franz Kafka ist am 3. Juni 1924 in Klosterneuburg in Österreich gestorben.

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15 Responses to Wie brächte man das zustande?

  1. Georg says:

    „Arbeiter-Unfall-Versicherungs-Anstalt für das Königreich Böhmen“, nicht JVA.

  2. Georg says:

    Kwa du mich nicht!

    Kafka hat nicht in einer Justizvollzugsanstalt gearbeitet, sondern in der Arbeiter-Unfall-Versicherungs-Anstalt. Siehe das schöne Buch von Herrn Wagenbach darüber. Bzw. die schönen Bücher von ihm.

  3. Anobella says:

    Lieber Herr Georg, Sie haben ja so recht! „Quoi?“ So ganz clever …
    *kopfschüttelnd

    Ich habe selbstverständlich den Eintrag geändert. Vielen Dank!

    Blogredaktion Anobella

  4. Herr Georg says:

    Ja, gell… Man nennt mich hier „das Cleverle“…

    * schüttelt mit

  5. Anobella says:

    Ich meinte eben aber Frau Geldmacher als das Cleverle, die versuchte, durch ihr „Quoi“ von ihrem fehlerhaften Text abzulenken. Immer die gleichen Tricks …

    Blogredaktion Anobella

  6. christiane says:

    *schiebt Anobella von ihrem Blog

  7. Anobella says:

    HEY! *protestiert
    Wo Herr Georg Recht hat, hat er Recht!

  8. Georg und Anobella says:

    Sagen wir doch: Herr Georg hat recht! Meistens immer. Merken Sie sich das!

  9. Anobella says:

    Justivollzugsanstalt … *kichert

  10. Georg says:

    z

    Justiz…

  11. Yürgen says:

    was der Herr „Cleverle“ Georg immer so alles zu wissen vorgibt. Er hat bestimmt bei Wikipedia nachgeschaut.

  12. Georg says:

    Nee, das wusste ich so. Ich kenn mich in Literatur ein bisschen aus… Und die Bücher von Herrn Wagenbach haben mich damals sehr beeindruckt, der Bezug auf Kafkas Lebens- und vor allem Arbeitswelt, in diesem Fall „Die Strafkolonie“.

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